Das Kochbuch in Baden 1770 - 1950

Für angehende Hausfrauen

Vielfältig herrscht das Vorurteil, durch den Gebrauch von Kochbüchern werde der Haushaltungsaufwand vermehrt, durch die Anwendung der darin enthaltenen Vorschriften der Gaumen verwöhnt, die Leckerhaftigkeit befördert, und der Luxus begünstigt. Aufmerksame Hausmütter und Dienstmädchen, denen die Besorgung der Küche anvertraut ist, versichern das Gegentheil nach besserer Ueberzeugung. Durch sorgfältige Beobachtung des richtigen Verhältnisses der Zuthaten, welche bei der Zubereitung der Speisen und verschiedener Gerichte erforderlich sind, kann vieles erspart werden ... (Vorwort zum Nachdruck der 6. Auflage der „Gelehrigen Hauswirthin“, Mannheim 1836)

Friederike Luise Löffler hatte im deutschen Südwesten schreiblustige Nachfahrinnen. Manche waren wohl fingiert, wie Amalie Clementine Bürger, die Autorin der „Gelehrigen Hauswirthin“. Andere sind als Berufsköchinnen tatsächlich nachweisbar wie Crescentia Bohrer in Freiburg, Magdalena Trieb in Karlsruhe oder Margareta Spörlin in Mülhausen, die ab 1811 ihren Erfahrungsschatz im Oberrheinischen Kochbuch weitergab, allerdings über alle 19 Auflagen hinweg anonym blieb. Auch die anderen Kochbücher geben sämtlich weibliche Verfasserinnen an.

Dieses und viele andere Kochbücher des 19. Jahrhunderts dienten der Vorbereitung bürgerlicher Mädchen auf ihre Hausfrauenrolle. Geboten wird ein breites Spektrum an Speisen von der feineren bis zu einfachen Küche. Das war zweckmäßig, denn im Gegensatz zu heute besaß die bürgerliche Hausfrau in der Regel nur ein einziges Kochbuch, das zur Begründung ihres Hausstands vorlag und möglichst alle Bedürfnisse abdecken konnte und sollte.

Ein näherer Vergleich zeigt, dass sich viele Rezepte der Kochbücher ähneln und manches Rezept auch einfach abgeschrieben wurde. Jede Autorin betont, ihr dargebotener Rezeptschatz beruhe einzig und allein auf ihrer persönlichen Erfahrung. Dazu gehörte aber auch, dass man Rezepte anderer ausprobierte und in das eigene Kochbuch übernahm. Dass regional bekannte Gerichte und traditionelle Zubereitungsarten über die Kochbücher weitergegeben wurden, resultiert aus ihrem faktischen Gebrauchswert – sie sollten das „Übliche“ enthalten, nicht das Fremde vermitteln, dessen Zutaten gar nicht greifbar waren.

Reichhaltigkeit, Vollständigkeit, Zuverlässigkeit, Prägnanz, Verständlichkeit, Deutlichkeit: das blieben im 19. Jahrhundert die Qualitätsmerkmale eines brauchbaren Kochbuchs. Eine übersichtliche Gliederung nach der Speisenfolge und ein brauchbares Register waren von Vorteil. Hinzu kam der von allen Autoren behauptete Vorzug sparsamer Wirtschaftsführung. Welche Kochbücher dabei den größten Erfolg hatten, zeigt die Zahl der Neuauflagen. Eine Ausstattung mit Bildern, die sich im Kaufpreis niedergeschlagen hätte, gehörte nicht zu den verkaufsfördernden Kriterien. Das Kochbuch des 19. Jahrhunderts war vor allem: umfassend und preisgünstig.

Lit.: Carl, Viktor: Lexikon der Pfälzer Persönlichkeiten. 2. überarb. und erw. Aufl. Edenkoben 1998, S. 289 (Anna Margarethe Bergner); Lesniczak, Peter: Alte Landschaftsküchen im Sog der Modernisierung. Studien zu einer Ernährungsgeographie Deutschlands zwischen 1860 und 1930. Stuttgart 2003, S. 150 (Crescentia Bohrer); Methler, Eckehard und Walter: Von Henriette Davidis bis Erna Horn. Bibliographie und Sammlungskatalog hauswirtschaftlicher Literatur. Wetter (Ruhr), 2001, S. 685-689 (Margareta Spörlin), S. 728f. (Magdalena Trieb); Spycher-Gautschi, Albert: Das Oberrheinische Kochbuch (1811). Fakten und Strukturen im Werk von Margarethe Spoerlin-Baumgartner. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 108 (2012) S. 1-32.

 

Exponate:

  004 001

4.1

Spörlin, Margareta:
Oberrheinisches Kochbuch oder Anweisung für junge Hausmütter und Töchter, die in der Kunst zu kochen und einzumachen einige Geschicklichkeit erlangen wollen. Nebst einem Anhang von Speisen für Kranke.
Bd. 1. - 3. und wieder verbesserte Ausgabe.
Mülhausen: Rißler, 1819.
Angebunden: Bd. 2: Guter Rath für angehende Hauswirthinnen ...
Mülhausen: Rißler, 1820.

Margareta Spörlin (1762-1852) war die Tochter des Gastwirts „Zur Krone“ in Mülhausen. Sie erlernte das Kochen im elterlichen Betrieb, bevor sie 1896 den Mülhauser Pfarrer Johann Spörlin heiratete. Schon 1803 verwitwet, lebte sie von der Unterstützung der Verwandtschaft, in deren Haushalten sie sich nützlich machte. Ihr Kochbuch diktierte sie einem Vetter, es erschien erstmals 1811 im Verlag von Johannes Rißler. Dieser betreute den Bestseller bis zu 10. Auflage 1872, danach erschienen noch neun weitere Auflagen in Basel bis zum Jahr 1912. 1829/33 erschien auch eine französischsprachige Ausgabe.

Badische Landesbibliothek: 62 A 1429
Erworben im Antiquariat Donald Cuntz, Frankfurt

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004 002

4.2

Spörlin, Margareta:
Oberrheinisches Kochbuch oder Anweisung für junge Hausmütter und Töchter, die in der Kunst zu kochen und einzumachen einige Geschicklichkeit erlangen wollen. Nebst einem Anhang von Speisen für Kranke.
Bd. 1. - 4., aufs neue verbesserte Ausgabe.
Mülhausen: Rißler, 1825.
Angebunden: Bd. 2: Guter Rath für angehende Hauswirthinnen ...
2., durchaus verbesserte und vermehrte Auflage.
Mülhausen: Rißler, 1827.

Im Kapitel „Pasteten“ bietet Spörlin unter dem Namen „Zwiebel-Wähe“ bereits ein speziell elsässisches Rezept für Flammkuchen. Auch „Flancs renversés“ oder „umgestürtzte Creme“ werden aufgetischt.

Badische Landesbibliothek: 92 A 70034
Erworben im Antiquariat Peter Kiefer, Pforzheim

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  004 003

4.3

Spörlin, Margareta:
Oberrheinisches Kochbuch oder Anweisung für junge Hausmütter und Töchter, die in der Kunst zu kochen und einzumachen einige Geschicklichkeit erlangen wollen. Nebst einem Anhang von Speisen für Kranke.
Bd. 1. - 6. Ausgabe.
Mülhausen: Rißler, 1840.

Bei den Rezepten für Krankenkost finden sich auch verschiedene Getränke gegen Husten und unter Nr. 53 ein Rezept für Kellerassel-Saft (!) für zahnende Kinder – zu servieren morgens zwischen 9 und 10 Uhr und nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr.

Badische Landesbibliothek: 52 A 927,1

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Die 7. Auflage von 1852 ist in der BSB München digital verfügbar.

004 004

4.4

Spörlin, Margareta:
Guter Rath für angehende Hauswirthinnen zu ökonomischer Einrichtung einer Haushaltung, anständiger Besetzung ihres Tisches, Anordnung und Auftragen der verschiedenen Speisen bei mehr oder weniger großen Gastmalen oder Familien-Essen, nach den verschiedenen Jahrszeiten eingerichtet.
3., durchaus verbesserte und vermehrte Auflage.
Mülhausen: Rißler, 1840.

Der zweite Teil des Oberrheinischen Kochbuchs erschien zuerst 1820. Auch er besteht hauptsächlich aus Rezepten. Hinzu kommen Menüvorschläge für Festessen von 6 bis 30 Personen inklusive genauer Pläne für das korrekte Auftragen dieser Speisen auf eine Festtafel.

Badische Landesbibliothek: 52 A 927,2

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004 005

4.5

Spörlin, Margareta:
Oberrheinisches Kochbuch oder Anweisung für junge Hausmütter und Töchter, die in der Kunst zu kochen und einzumachen einige Geschicklichkeit erlangen wollen.
Bd. 1. - 12., verbesserte Auflage.
Bd. 2. - 8., verbesserte Auflage.
Basel, Mülhausen: Detloff, [ca. 1880].

In zeitgenössischem Schmuckeinband mit Goldprägung.

Badische Landesbibliothek: 78 A 9032
Erworben in der Galerie Bassenge, Berlin

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004 006

4.6

Bürger, Amalie Clementine:
Die gelehrige Hauswirthin. Ein Handbuch für Frauenzimmer, welches die ganze Kochkunst sowohl Tafel-, Fasten- als Civilspeisen, alle Arten Backwerk, Eingemachtes, Geräuchertes, Liqueurs, Sommer- und Winter-Getränke u.s.w. in 1000 Rubriken umfaßt. Nebst einem Anhang, über Kochkunst, Behandlung und Zubereitung der Speisen, Fleiß, Sparsamkeit, Ordnung, Transchiren und Vorlegen der Speisen.
6., vermehrte und verbesserte Original-Auflage.
Mannheim: Löffler, 1836.

„Die Verfasserin ist selbst eine geübte Köchin, welche während ihres Aufenthalts von mehrern Jahren in der Schweiz und in Wien Gelegenheit hatte, bei den besten fürstlichen Köchen ihre Kochkunst einzusehen und sich aufzuzeichnen. Was für den Civilstand angemessen ist, hat sie aus eigener Erfahrung aufgesezt, daß man also auf ihre Vorschrift sicher rechnen darf.“ (Vorwort zur 1. Auflage 1807)

Dieses Kochbuch erschien zuerst anonym 1807 im Verlag von Johannes Grözinger in Reutlingen mit 712 Rezepten. Bis zum Jahr 1834 folgten fünf stets erweiterte und modernisierte Neuauflagen. Erst die 6. Auflage von 1834 nennt eine angebliche Autorin beim Namen, doch handelt es sich in großen Teilen um einen Nachdruck der Rezepte von Friederike Luise Löffler. Der vorliegende Band ist seinerseits ein unautorisierter Nachdruck von Tobias Löffler in Mannheim.

Aufgeschlagen: S. 166f.: Sauce (Soosen).

Badische Landesbibliothek: 115 E 1146 R

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Die 1. Auflage von 1807 ist in der BSB München digital verfügbar.

004 007

4.7

Bergner, Anna:
Pfälzer Kochbuch. Eine Sammlung von 1002 praktisch bewährten Kochrecepten aller Art, begründet auf 30jähriger Erfahrung. Nebst einem Anhange von 28 verschiedenen Speise-Zetteln.
Mannheim: Löffler, 1858.

Ein Blick in die Pfalz sei erlaubt, wenn auch dieses Kochbuch in Baden gedruckt wurde. Die Verfasserin Anna Margarethe Bergner (1800-1882) ist auf dem Titelblatt als „frühere Gastwirthin zu den vier Jahreszeiten in Dürkheim a.H.“ bezeichnet. Tobias Löffler in Mannheim verlegte damit nach dem inzwischen veralteten Kochbuch der Amalie Bürger ein moderneres Produkt.

Badische Landesbibliothek: 71 A 1972
Vorbesitzerin: M. Schaaff

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Nicht in der Ausstellung

004 008

4.8

Kümicher, Caroline:
Constanzer Kochbuch. Oder praktische Anleitung zur schmackhaften und gesunden Zubereitung aller Speisen, besonders auch der Fasten- und Krankenspeisen, dann des Backwerks, des Eingemachten u.s.w.
Nicht aus schon gedruckten Büchern abgeschrieben, sondern alles nach langjähriger Erfahrung geprüft und bewährt gefunden, jetzt aber auf vielfältiges Verlangen zum Druck niedergeschrieben.
Bd. 1. - 3., abermals durchaus verbesserte und sehr vermehrte Auflage.
Constanz: Wallis 1830.

Die Autorin bediente sich nachweislich bei Margareta Spörlin, bot aber auch Neues: Wollen Sie vielleicht einmal „Alte Weiber“ in Schmalz ausbacken? Oder den Eierpunsch „Hoppel-Poppel“ ausprobieren? Die Rezepte finden Sie hier. Und am Ende, aus alter Tradition, eine „Kurze Anweisung zum Transchiren“.

Badische Landesbibliothek: O 54 A 216,1

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Die 1. Auflage von 1824 ist in der SLUB Dresden digital verfügbar.

004 009

4.9

Kümicher, Caroline:
Constanzer Kochbuch.
Bd. 2. : In Verbindung mit ihrem auf eigener Erfahrung gegründeten, kurz, deutlich und mit Fleiß ausgearbeiteten Haus- und Wirtschafts-Buch, herausgegeben.
Constanz: Wallis, 1827.

1827 erschien ein zweiter Teil zum Constanzer Kochbuch, der weitere 120 Seiten mit Rezepten bietet, hauptsächlich aber das Haus-und Wirthschaftsbuch enthält, mit 16 Abschnitten Haushaltskunde – vom Kerzen- und Seifensieden über das Waschen, Spinnen, Putzen, Schlachten bis hin zur Getränkezubereitung, Lebensmittelkonservierung und Brotzubereitung. Es folgt eine Hausapotheke und zuletzt das Kapitel „Verschiedenes“, aus dem man u.a. erfährt, wie man Reis vor Schimmel sichert, Blumen frisch hält, zerbrochenes Porzellan kittet oder Schuhwichse und Tintenpulver zubereitet. Dazu Tipps gegen Ameisen, Wanzen, Motten, Mäuse, Ratten und Fliegen.

Beide Bände zusammen erlebten in verschiedenen Verlagen noch weitere Auflagen bis zur 6. Auflage 1860.

Badische Landesbibliothek: O 54 A 216,2

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004 010

4.10

Bohrer, Crescentia:
Freiburger Kochbuch oder vollständige, durch vieljährige Erfahrung erprobte Anleitung zur schmackhaften und billigen Zubereitung aller sowohl in der herrschaftlichen als bürgerlichen Küche vorkommenden Speisen.
4., vermehrte Auflage. Neu hrsg. v. Franz Horber, Garkoch.
Freiburg i. Br.: Wagner, 1870.

Crescentia Bohrer ist in den Freiburger Adressbüchern 1840-1842 als ledige Person nachgewiesen. Die Erstausgabe ihres auf ein lokales Kaufpublikum zielenden Kochbuchs erschien im Jahr 1836. Bis 1892 erlebte es insgesamt acht Auflagen. Ein Vorwort, das Auskunft über die Absichten der Verfasserin gäbe, ist nicht enthalten.

Die 4. Auflage enthält 1562 Rezepte und einen Anhang „Auf unschädliche Art metallene und irdene Gefäße zu putzen“, der für angelaufenes Silber das Bestreichen mit einem Brei aus fein gestoßener Kreide und Weingeist empfiehlt.

Badische Landesbibliothek: O 52 A 163

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Die 5. Auflage von 1874 ist in der SLUB Dresden digital verfügbar.

  004 011

4.11

Schneebesen
mit spiralförmig angeordnetem Draht und Holzgriff

Rezept für Schnee-Crême: "Ein Löffel voll Mehl wird mit einem Viertel Rahm recht glatt angerührt, dann auf’s Feuer gesetzt, mit sechs Loth Zucker und immer bis es kocht darin gerührt, dann wird von zehn Eiern Schnee geschlagen, in die Milch unter beständigem Rühren gemischt; dann vom Feuer genommen und immer wieder fortgerührt bis es kalt ist und dann in Geschirre gefüllt."
(Aus: Crescentia Bohrer: Freiburger Kochbuch. 4., vermehrte Auflage. Neu hrsg. v. Franz Horber, Garkoch. Freiburg i. Br. 1870, S. 358)

Leihgabe der Kalms GmbH & Co. KG, Braunschweig

004 012

4.12

Das Pfund Zucker höchstens 9 kr. oder 2 gr. oder äußerst einfache und faßliche Anweisung, wie jede Hausfrau sich in ihrer Küche den Bedarf ihres Zuckers um diesen Preis selbst bereiten kann. Von einem praktischen Oekonomen.
Freiburg i. Br.: Wagner, 1837.

Seit etwa 1830 entwickelte sich der Rübenzucker rasant vom Luxusgut zum Volksnahrungsmittel. Der Berliner Chemiker Andreas Sigismund Marggraf hatte erstmals 1747 in Berlin Zucker aus Runkelrüben hergestellt. Aus diesen wurde in den folgenden Jahrzehnten die Zuckerrübe gezüchtet. 1801 wurde in Schlesien die erste Rübenzuckerfabrik der Welt gegründet. Während der von Napoleon I. verhängten Kontinentalsperre 1806-1813 führte die Einfuhrblockade von Rohrzucker aus den Kolonien zu einem ersten Aufschwung der Rübenzuckerindustrie. Der anschließend massenhaft zu billigen Preisen verschleuderte Rohrzucker brachte diesen dann vorerst zum Erliegen. Erst ab den 1830er Jahren setzte sich der Rübenzucker in Europa durch.

Friedrich Wagners Verlag in Freiburg veröffentlichte ein Jahr nach dem Erscheinen von Crescentia Bohrers Freiburger Kochbuch diese Anleitung zur einfachen und billigen Herstellung von Rübenzucker aus der schlesischen oder weißen Runkelrübe am heimischen Herd.

Badische Landesbibliothek: 81 K 738
Überwiesen vom Historischen Museum Rastatt

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© Badische Landesbibliothek 2016. Autorin: Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen

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