Glück im Glas! Frischhalten durch Einmachkunst
Schon das Macklot’sche Kochbuch hatte 1770 mehrere Abschnitte der Konservierung von Obst durch Einkochen, Glacieren oder Kandieren gewidmet. Lebensmittelkonservierung erfolgte damals gemeinhin durch Trocknen, Dörren, Räuchern, Pökeln oder Einlegen. Dass sich Nahrungsmittel durch Erhitzen und Luftabschluss haltbar machen lassen, war schon lange bekannt. Der aus dem Saarland stammende, in Paris tätige Koch und Konditor Nicolas Appert (1749-1840) erprobte bereits 1804 erfolgreich die Hitzesterilisierung von Lebensmitteln. Seither wurde mit der Konservierung in Dosen und Glasbehältern eifrig experimentiert. Industriellen Maßstab gewann das Verfahren allerdings erst im 20. Jahrhundert.
Das Einkoch-Verfahren in Gläsern wurde 1892 patentiert. 1895 kaufte Johann Carl Weck das Patent und gründete im Jahr 1900 im südbadischen Öflingen die Firma J. Weck u. Co. Sie vertrieb Einkochgläser, Einkochringe, Einkochtöpfe und weiteres Zubehör der Marke Weck, z.B. Entsafter und Dampfkochgeräte.
Mehr als zwanzig Hauswirtschafterinnen waren im Außenvertrieb unterwegs und führten das Verfahren potentiellen Kundinnen vor. Die Karlsruherin Luise Kautz trat auf Kochkunstausstellungen mit Hauskonserven-Kunstwerken vor das Publikum und leistete als „Frischhalterin“ Herausragendes für die Verbreitung des Einweckens. Anzeigenwerbung spielte eine große Rolle. Der Erfolg war durchschlagend, in kürzester Zeit wurde Weck nicht nur Marktführer im Bereich der Konservierungsverfahren für Privathaushalte, sondern auch namengebend dafür. Die Mangelwirtschaft des Ersten Weltkriegs sorgte für weitere Verbreitung. 1934 zog die Vokabel „Einwecken“ in den Duden ein. Junker & Ruh erklärte schon 1914: „Man kann wohl heute behaupten, daß die Tüchtigkeit der Hausfrau nach der Menge und Güte der von ihr selbst eingekochten Konserven zu beurteilen ist.“
Das Handbuch Koche auf Vorrat!, dessen erster Band sich mit Obst- und Gemüse-Konservierung, dessen zweiter Band sich mit Haltbarmachung von Fisch- und Fleischspeisen befasste, erschien von 1904 bis in die 1940er Jahre in mehreren Auflagen und sehr gediegener Ausstattung. Ein Kochbuch ist das nicht, aber ein Einkochbuch – es beschreibt die Geräte und das Verfahren und gibt sodann für alle Arten von Speisen an, wie sie vorbereitet und vorgekocht und wie lange sie anschließend im Weckglas sterilisiert werden müssen.
Die Firma Weck gab zudem Spezialveröffentlichungen zur Konservierung von Fruchtsäften oder von Diätkost und eine Kundenzeitschrift Die Frischhaltung heraus. Das Einwecken blieb auch in badischen Haushalten bis zur Erfindung der Tiefkühltruhe in den 1960er Jahren eine unverzichtbare Praxis der Haltbarmachung von Lebensmitteln.
Lit.: Stille, Eva: In Keller und Kammer. Vorratswirtschaft früher. In: Oikos. Von der Feuerstelle zur Mikrowelle. Haushalt und Wohnen im Wandel. Hrsg. Michael Andritzky. Gießen 1992, S. 222-225 [215-226]; Methler, Eckehard und Walter: Von Henriette Davidis bis Erna Horn. Bibliographie und Sammlungskatalog hauswirtschaftlicher Literatur. Wetter (Ruhr), 2001. S. 79-82 (Nicolas Appert); Frick, Hans-Peter: 100 Jahre Weck-Glas: In alter Frische. In: Badische Zeitung vom 19.6.2010; Frick, Hans-Peter: Konserviertes Löwenfleisch – Die Geschichte des Einweckens. In: SWR 2 Wissen am 31.5.2011; J. Weck GmbH u. Co. KG: Die Geschichte der Firma WECK.
Exponate:
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7.1 Appert, Nicolas: Badische Landesbibliothek: 98 B 76983 RH Die 3. Auflage der Ausgabe des Verlags Mörschner in Wien von 1832 ist an der SLUB Dresden und an der Bayerischen Staatsbibliothek digital verfügbar. |
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7.2 Koche auf Vorrat! Handbuch für die Frischhaltung aller Nahrungsmittel mit den Weck'schen Einrichtungen. Badische Landesbibliothek: 42 A 1303,1 Link zum Volltext |
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7.3 Koche auf Vorrat! Handbuch für die Frischhaltung aller Nahrungsmittel mit den Weck'schen Einrichtungen. Badische Landesbibliothek: 98 B 76995 RH,1 Link zum Volltext |
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7.4 Koche auf Vorrat! Handbuch für die Frischhaltung aller Nahrungsmittel mit den Weck'schen Einrichtungen. Badische Landesbibliothek: 42 A 1303,2 Link zum Volltext |
7.5 Koche auf Vorrat. Anleitungen für das Einkochen mit den Frischhaltungsgeräten Marke Weck. Neubearbeitung. Badische Landesbibliothek: 115 E 3682 Link zum Volltext |
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7.6 Weckgläser mit Inhalt Leihgabe der J. Weck GmbH u. Co. KG, Wehr-Öflingen |
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7.7 "Tischlein deck dich" kein Märchen mehr. Badische Landesbibliothek: 115 H 1043 Link zum Volltext |
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7.8 Ahrenfeldt, Martin: Der Verfasser dieses von der Firma Weck in vier Auflagen zwischen 1905 und 1913 herausgegebenen Buches war Zahnarzt. Er führt aus, dass vergorener Fruchtsaft infolge „seiner Giftwirkung alljährlich Tausende und Abertausende um Leben und Gesundheit, um Ehre und Gewissen, um Wohlstand und Glück bringt“, und propagiert unvergorenen Obstsaft aufgrund seines Traubenzucker- und Mineralstoffgehalts als ein vorzügliches Nahrungsmittel. Verschiedene Fruchtsaftarten werden in therapeutischer Anwendung für diverse Krankheitsbilder beschrieben. Die Produktion alkoholfreier Fruchtsäfte wurde vor allem auch propagiert im Rahmen der Lebensreformbewegung. Sie wurden als Gesundheitstrunk in den Reformhäusern vertrieben. Badische Landesbibliothek: 115 E 1025 Link zum Volltext |
7.9 Allihn, Hans, und Ottilie Allihn: Der Vorteil des Einweckens bei der Zubereitung von Krankenkost liegt auf der Hand: Es können kleine Portionen für wiederkehrenden Gebrauch hergestellt werden. Und es ist gewährleistet, dass dem Kranken „unverdorbene, keimfreie Speisen und Getränke geboten werden können, was in Rücksicht auf die meist geschwächten Verdauungsorgane doppelt wertvoll ist.“ Badische Landesbibliothek: 115 E 791 Link zum Volltext |
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7.10 Kautz, Luise: Kurzfassung der Ratschläge aus dem Allihn’schen Kochbuch, zusammengestellt von Luise Kautz (1862-1949), Gattin eines Karlsruher Bahnverwalters und „Pionierin der Frischhaltung“. Versetzt mit Werbung für Persil und Bleichsoda der Firma Henkel in Düsseldorf, für Palmin der Firma H. Schlinck in Mannheim, für den Süßstoff Laevulose von Schering in Berlin, für Maggis Suppenwürfel und andere Produkte der Lebensmittelindustrie. Badische Landesbibliothek: 98 B 77000 RH Link zum Volltext Nicht in der Ausstellung |
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7.11
Weckgläser mit Inhalt Leihgabe der J. Weck GmbH u. Co. KG, Wehr-Öflingen |
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7.12 Auf höchster Stufe steht Weck Frischhaltung. Weck-Preisliste Nr. 17. Badische Landesbibliothek: 115 H 1097 Link zum Volltext |
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7.13 Original Weck. Weck-Preisliste Nr. 19. Badische Landesbibliothek: 115 H 1054 Link zum Volltext |
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7.14 Weck-Preisliste. Giltig v. 1. Februar 1924 an. Badische Landesbibliothek: 115 H 1056 Link zum Volltext |
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7.15 Die Gummiringe der Firma WECK Öflingen. Badische Landesbibliothek: 115 H 1046 Link zum Volltext Nicht in der Ausstellung |
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7.16 Was macht ein Konservenglas zum Gebrauchswertgut? Badische Landesbibliothek: 115 H 1050 Link zum Volltext Nicht in der Ausstellung |
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7.17 Sie können den Durst besiegen mit dem Saftgewinner Marke WECK: Saftgewinner Nr. 48B. Badische Landesbibliothek: 115 H 1047 Link zum Volltext Nicht in der Ausstellung |
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7.18 Warum ist die Marke WECK immer noch die verhältnismäßig billigste? Praktische Ratschläge für den Verkauf. Badische Landesbibliothek: 115 H 1049 Link zum Volltext Nicht in der Ausstellung |
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7.19 An unsere Geschäftsfreunde! Eine Reihe Vorlagen für wirkungsvolle Anzeigen. Badische Landesbibliothek: 115 H 1044 Link zum Volltext Nicht in der Ausstellung |
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7.20 Die gedeihliche Entwicklung des Säuglings. Saug- und Milch-Sterilisierflaschen GRAMMA. Badische Landesbibliothek: 115 H 1048 Link zum Volltext Nicht in der Ausstellung |
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7.21 Der große Erfolg. Reklame-Ratgeber für unsere Geschäftsfreunde. Badische Landesbibliothek: 115 H 1045 Link zum Volltext Nicht in der Ausstellung |
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7.22 Weck-Einkochset für Kinder Leihgabe der J. Weck GmbH u. Co. KG, Wehr-Öflingen |
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7.23 Kleines Lehrbuch für erfolgsicheres Sterilisieren der Nahrungsmittel mit den Sterilisierungs-Einrichtungen Weltmarke Weck. Badische Landesbibliothek: 116 H 249 Link zum Volltext |
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7.24 Siebert, Hiltegund: Konkurrenz zum Weckglas war immer die Konservendose. In Knielingen bei Karlsruhe arbeiteten die Badischen Blechpackungswerke. In deren Auftrag veröffentlichte die Hauswirtschaftslehrerin Hiltegund Siebert 1932 eine an Landfrauen adressierte Anleitung zum Einkochen in Blechdosen. Einleitend allerdings mussten deren Vorzüge gegenüber dem offenbar bevorzugten Weckglas herausgestellt werden: Die Dose koste nur etwa ein Drittel eines vergleichbar großen Glases, sie sei unzerbrechlich, es könnten viel größere Mengen auf einmal eingekocht werden und das in beliebigen Gefäßen, das Einkochen in Dosen gehe viel schneller, das Einkochgut halte sich länger, weil es nicht mit Licht in Kontakt komme, die Vitamine blieben besser erhalten etc. Badische Landesbibliothek: 115 E 997 Link zum Volltext |
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7.25 Kleines Lehrbuch über das Sterilisieren der Nahrungsmittel mit den altbewährten Sterilisiergeräten Marke Rex. Die Marke Rex als Konkurrent von Weck war in Bad Homburg ansässig, produzierte ihre Gläser allerdings in Mähren. In Österreich ist das Einwecken daher bis heute unter dem Namen Einrexen bekannt. Weck übernahm die Firma als Zweitmarke im Jahr 1926 und pflegte sie bis Anfang der 1980er Jahre. Aktuell belebt Weck die Marke in Österreich neu. Weck gab auch für die Marke Rex Lehrbücher über das Sterilisieren von Obst, Gemüse und Fleisch für geübte und ungeübte „Frischhalterinnen“ heraus. Badische Landesbibliothek: 115 H 1040 Link zum Volltext |
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7.26 Denke an den Winter! Kleines Lehrbuch für erfolgsicheres Einkochen der Nahrungsmittel mit den Frischhaltungs-Einrichtungen Weltmarke Weck. Badische Landesbibliothek: 116 H 248 Link zum Volltext |
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7.27 Glück im Glas. Einwecken. Anleitung für den richtigen Gebrauch Badische Landesbibliothek: 115 H 1041 Link zum Volltext |
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7.28 Frischhaltung. Ratgeber in allen Haushaltsfragen 41 (1947) H. 1-10. Die Zeitschrift Frischhaltung erschien bereits seit 1901 mit allerlei Haushaltstipps und Kochrezepten. Es gibt sie noch heute unter dem Titel Ratgeber Frau und Familie. Badische Landesbibliothek: ZA 2043, 41 Nicht digitalisiertNicht in der Ausstellung
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7.29 Frischhaltung. Ratgeber in allen Haushaltsfragen 42 (1948) H. 1-12. Badische Landesbibliothek: ZA 2043, 42 Nicht digitalisiert Nicht in der Ausstellung |
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7.30 Frischhaltung. Ratgeber in allen Haushaltsfragen 43 (1949) H. 1-12. Badische Landesbibliothek: ZA 2043, 43 Nicht digitalisiert Nicht in der Ausstellung |
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7.31 Weck Einkochbuch. Badische Landesbibliothek: 115 E 3536 Link zum Volltext |
© Badische Landesbibliothek 2016. Autorin: Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen
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