Das erste badische Kochbuch
Das erste in Baden gedruckte Kochbuch war das Neue lehrreiche und vollständige Magazin, vor junges Frauenzimmer die ganze Koch-Kunst, und Zuckerbeckerei, samt allem, was damit verknüpft ist, vollkommen zu erlernen. Es erschien in zwei Bänden 1769/1770 im Verlag von Johann Michael Macklot in Karlsruhe. Wie alle Kochbücher dieser Zeit orientiert es sich ganz an der höfischen Etikette.
Adressat war „das Schöne Geschlecht“, dem die anonyme Verfasserin ihren dickleibigen Wälzer mit 4500 Rezepten auf 1542 Seiten als besonders gründlich und zuverlässig, gut verständlich und klug geordnet anpreist. Betont wird auch, dass Inhalt und Darstellung vollkommen dem heutigen Geschmack entsprechen, „so daß mit allem Fug und Recht behauptet werden kann, es seye noch niemals kein so nüzliches und vollständiges Werk, als dieses, ans Licht getreten.“
Die ersten Abschnitte instruieren die Leserin über die Grundlagen der Küchenausstattung, der Vorratshaltung, der Holzfeuerung und über das Zubereiten, Anrichten und Auftragen von Speisen. Es werden viele Fachbegriffe erläutert, z.B. Blanchieren, Legieren, Mitonnieren, aber auch Bouillon, Potage und Coullige.
Dann folgen als erstes die Suppen-Rezepte. Und ein Rezept für Käs-Suppe lehrt, dass Parmesan-Käse schon 1770 in Baden verfügbar war – zwei Jahrhunderte bevor „Tüten-Parmesan“ in jedem deutschen Kühlschrank vorrätig wurde. Auch andere im 18. Jahrhundert beliebte Delikatessen kommen vor wie Borsdorfer Äpfel, Teltower Rübchen und Westfälischer Schinken. Und Wildgemüse, die später aus der Küche verschwinden, wie Portulak, Wegwarte oder Lattich. Bemerkenswert ist die Vielfalt von Flussfischen und Singvögeln (Drosseln, Finken, Goldammern, Lerchen, Meisen, Schnepfen, Tauben, Wachteln), die zum Verzehr empfohlen werden. Am Schluss folgen noch 200 Ratschläge zu Qualitätskriterien guter Lebensmittel und zur jeweils spezifisch geeigneten Frischhaltung und Aufbewahrung.
Sicherlich wurden für das umfangreiche Kompendium verschiedene Vorlagen genutzt. Wer aber eigentlich „Autor(in)“ dieses Kochbuchs war, ist noch nicht geklärt – ein Indiz wäre das besondere Gewicht auf den Fastenspeisen, das auf eine Verbreitungsabsicht in katholischem Gebiet hindeutet. Warum aber ist Grünkohl dann konsequent als „brauner Kohl“ bezeichnet, was auf norddeutsche Rezeptvorlagen hinweist?
Das Macklot’sche Kochbuch wurde bis 1812 noch dreimal wieder aufgelegt.
Exponate:
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1.1 Neues lehrreiches und vollständiges Magazin, vor junges Frauenzimmer, die ganze Koch-Kunst und Zuckerbeckerei samt allem, was damit verknüpft ist, vollkommen zu erlernen. S. 557: Rezept für gebratene Schnepfen: "Diese werden sauber gereinigt, der Dreck [Eingeweide mit Inhalt] aber besonders gelegt, hierauf mit Salz, Pfeffer, Zimmet und Nägelein [Nelken] bestreut, alsdann gebraten und fleißig mit Butter beträuft. Hernach wird der Dreck genommen, ganz klein gehackt, in Butter geröstet und denn ein paar Löffel voll Fleischbrühe darauf gegossen. Indessen werden Semmelkrumen auf Kohlen geröstet. Wenn man die Schnepfen auf den Tisch tragen will, so streicht man vorher den Dreck auf die gerösteten Semmelscheiben, und gibt alles warm auf den Tisch." Badische Landesbibliothek: 70 A 2050,1 RH Link zum Volltext |
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1.2 Neues lehrreiches und vollständiges Magazin, vor junges Frauenzimmer, die ganze Koch-Kunst und Zuckerbeckerei samt allem, was damit verknüpft ist, vollkommen zu erlernen. Aufgeschlagen: S. 1172-1173: Von einigen guten Salläten, Eßigen, Salsen und Tunken. Badische Landesbibliothek: 70 A 2050,2 RH Link zum Volltext |
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1.3 Leprince de Beaumont, Jeanne-Marie: Das Macklot‘sche Kochbuch erklärt, es sei „nach Art derer Magazins der Madame le Prince de Beaumont in Fragen und Antworten eingekleidet“. Es wird also nicht ein Rezept angeboten, sondern es werden unter einer allgemeinen Überschrift Fragen gestellt und beantwortet, z.B. Badische Landesbibliothek: Gym 982 Die Ausgabe 1768 ist in der Bayerischen Staatsbibliothek digital verfügbar. |
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1.4 Das allerneueste Pariser Koch-Buch, in welchem Nach der beliebten französischen Manier eine vollkommene Anweisung zu finden, wie man kräftige, wohlschmeckende Speisen und Ragut zubereiten solle …Nebst einem neuen Trenchir-Buch mit Figuren. Dieses 1752 in Straßburg erschienene Kochbuch gesteht schon in der Vorrede ein, dass es aus verschiedenen Vorlagen kompiliert wurde. Es selbst war zumindest in Teilen Vorlage für das Macklot’sche Kochbuch. Einzelne Passagen der Vorrede stimmen überein, die Pläne für die Einrichtung der Speisetafeln in vier verschiedenen Modellen sind identisch, textidentisch ist der Abschnitt zum Tranchieren in seinem Praxisteil, auch die zur Illustration verwendeten Holzschnitte stimmen völlig überein. Badische Landesbibliothek: 115 E 3924 Als Faksimile nicht digitalisiert. |
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1.5 Vollkommne und neueste Tranchier-Kunst oder doppelte Anweisung alle Gattungen sowohl gesottener als gebratener Speisen ... auf die geschickteste Art nicht allein zu zerlegen sondern mit der besten Wohlanständigkeit bey allen vornehmen Tafeln oder Tischen der Gesellschaft vorzulegen. Den neunten Abschnitt des Kochbuchs über das Tranchieren von Geflügel, Fisch, Wildbret, Rind-, Kalbs-, Schweine- und Schaffleisch veröffentlichte Macklot separat als Tranchierbuch. Das Vorgehen wird in einzelnen, nummerierten Arbeitsschritten beschrieben und anhand von Skizzen anschaulich gemacht. Aufgeschlagen: S. 50/51: Zerlegung der Schnepfe Badische Landesbibliothek: 66 A 5080 |
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1.6 Barockes Tranchierbesteck Badisches Landesmuseum: R 427 a-b |
© Badische Landesbibliothek 2016. Autorin: Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen
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